In vielen Trainingsplänen ist mir immer wieder der Begriff „Alternativsportart“ oder „Ausgleichssportart“ als Option für die Tage begegnet, an denen kein lauf- oder triathlonspezifisches Training stattfindet. In den meisten Fällen fehlte jedwede weitere Definition, was denn nun genau unter diesen Alternativen zu verstehen sei. Wenn man Glück hatte, einen der etwas besser erläuterten Trainingspläne in den Händen zu halten, dann gab es eine Begriffserklärung, in der dann die gesammelten Kürzel des Trainingsplans erklärt werden. Ohne eine solche könnte man ansonsten den Trainingsplan komplett frei interpretieren, da Begriffe wie EB, WSA, LL, FS, etc. das ganze eher zu einem Kryptographierätsel machen, als einen (unerfahrenen) Sportler zu einem strukturierten Training anzuleiten.
In besagter Begriffserklärung fand sich dann, wenn man Glück hatte, ab und an tatsächlich auch ein Hinweis auf mögliche Ausprägungen des Alternativprogramms. Abgesehen vom Begriff „Crosstraining“ ist mir aber an weiteren Varianten der Ausgleichssportarten zumeist nicht viel mehr untergekommen. Ich vermute daher, dass es am Ende im Grunde bedeutet: such Dir was aus, was mit Sport, jedoch nicht mit Deiner ansonsten ausgeübten Sportart zu tun hat. Was kommt also in Frage?
Alternativsportarten – die Qual der Wahl
Im Falle von Laufen als Hauptsportart ist natürlich die Auswahl an möglichen Ausweichsportarten relativ groß, beim Triathlon fallen aber gegenüber dem Laufen sofort zwei Sportarten weg, die dem Läufer als naheliegende und ohne größeren Aufwand zu betreibende Optionen noch zur Verfügung stehen.
Die Auswahl an möglichen Alternativen wird so schon erheblich kleiner. Zwar würde ein Sieben- oder Zehnkämpfer über derartige Probleme wahrscheinlich nur schmunzeln, hat er doch noch viel weniger mögliche Alternativen, aber was bleibt denn am Ende tatsächlich noch alles an in Frage kommenden Varianten übrig, will man nicht erst in einen Sportverein eintreten (Stichwort Mannschaftssportarten, wie Fuß- oder Basketball) oder teures Geld in ein Fitnessstudio investieren (Stichwort Crosstrainer, TRX und ähnliches)?
Da bleibt eigentlich außer Klettern (dazu braucht es aber zumindest einen Trainingspartner) oder Rollerblades (im Winter alternativ: Eislaufen) nicht mehr viel übrig, will man noch einen gewissen sportlichen Ehrgeiz an den Tag legen und nicht zu viel Geld in die Ausrüstung investieren. Denn Billard, Darts und ähnlich körperlich fordernde Sportarten zähle ich in diesem Fall nicht wirklich zu den trainingsplantauglichen Alternativen, entsprechende Vertreter dieser Sportarten mögen mir diese Einstellung verzeihen.
Derzeit im Urlaub mit der Familie befindlich habe ich in meinen Trainingsplan an den freien Tagen eine weitere, bislang nicht näher in Betracht gezogene Sportart integriert, da auf dem Hof die passenden Sportgeräte in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, der Sport hier vor Ort ohnehin angeboten wird und sich somit die passende Gelegenheit zu einem Selbstversuch quasi von selbst ergeben hat: Reiten.
Nein, kein Ponyreiten auf einem Jahrmarkt oder in einem Freizeitpark, sondern richtiges Reiten auf einem Pferd. Durchs Gelände: Feld, Wald, Wiese. In allen Gangarten von Schritt bis Galopp. Inklusive dem ganzen Drum und Dran, das ansonsten noch dazu gehört: Vorbereiten des Sportgeräts „Pferd“ in Form von säubern, striegeln, bürsten, satteln und Zaumzeug anlegen und natürlich hinterher dann auch wieder dem Absatteln der Pferde. Ok, ich gebe zu – so unbedingt die günstigste Lösung mag ein Pferd unter Umständen dann auch nicht sein und somit ist Reiten per se jetzt auch nicht in die Liste der problemlos zu ergreifenden Alternativen einzureihen, aber in meinem Fall hier passte alles zusammen und daher habe ich die Gelegenheit ergriffen, es als alternativ betriebene Sportart einmal unverbindlich zu testen.
Um es kurz zu machen, der Versuch am eigenen Leib zeigt deutlich: Reiten ist definitiv eine der fordernderen Alternativsportarten, da es zahlreiche Muskelgruppen beansprucht, die beim Laufen und/oder Triathlon nicht in demselben Maß gefordert werden – Alternativmuskelgruppen sozusagen. Gerade wenn man Reiten nicht regelmäßig betreibt (aber dann wäre es ja auch keine Ausgleichssportart mehr, oder?), merkt man den Effekt ziemlich deutlich und es zeigen sich am ehesten noch Parallelen zum Radfahren. Denn während ich hier abends auf der Couch sitzend diesen Artikel schreibe, fühlt sich mein Hintern ein wenig so an, als ob ich nach längerer Trainingspause mal wieder eine größere Runde auf dem Rennrad absolviert hätte. Dazu kommt ein nicht unerheblicher Muskelkater in den Oberschenkeln und auch im Rücken macht sich die ungewohnte Belastung in Form von „Alternativschmerzen“ bemerkbar.
Aber ist das denn nicht eigentlich auch Sinn und Zweck eines Ausgleichssports? Die Beanspruchung von eben diesen, ansonsten eher minder belasteten Muskelgruppen? Zwar kann ich keine Aussage darüber treffen, ob sich das Reiten jetzt in irgendeiner Form auf die läuferischen Leistungen auswirkt. Aber das ist ja auch nicht das Ziel, sondern es geht meiner Meinung nach ja darum, den Körper zwar in einer gewissen Art und Weise sportlich zu fordern, ohne dabei jedoch zu großen Einfluss auf das eigentliche Training und die damit zusammenhängenden Belastungs- und Erholungsphasen zu nehmen. Für mich steht jedenfalls fest, dass ich so wie jedes Mal, wenn wir hier Urlaub machen, noch öfter reiten werde. Zwischen den Laufeinheiten. Egal, was der Hintern sagt. Denn auch hier gilt dasselbe, wie für den (Wieder-)Einstieg in das Rennradtraining: man kann sich nur an den Sattel gewöhnen, wenn man auf ihm sitzt. Und Spaß macht es außerdem!
Mich würde mal interessieren, wie andere das Alternativ-/Ausgleichstraining interpretieren. Welche Sportarten sind sinnvoll und warum? Ich bin gespannt auf Kommentare!