Für die wenigen, die mit dem Begriff JPMCC noch nichts anfangen können: JPMCC steht für J.P. Morgan Corporate Challenge® (auch als JPMCCC – J.P.Morgan Chase Corporate Challenge bekannt) und ist der Sammelbegriff für eine Serie von 13 weltweit stattfindenden Laufveranstaltungen, an denen – wie im Falle von Frankfurt – teilweise über 70.000 Teilnehmer in Teams für die Unternehmen starten, für die sie arbeiten.
Der Lauf des JPMCC fand am 11. Juni diesen Jahres zum 22. mal in Frankfurt statt und war mit 71.735 gemeldeten Läufern aus 2.781 Unternehmen erneut der größte Firmenlauf der Welt. Selbst die Läufe der JPMCC-Serie in Großstädten wie New York, San Francisco, Shanghai, Sydney oder London kommen nicht auf eine derart hohe Teilnehmerzahl.
Bei meiner insgesamt fünften Teilnahme am JPMCC stellte sich für mich diesmal die Frage, ob ich es trotz der hohen Teilnehmerzahl von knapp 72.000 Läuferinnen und Läufern würde schaffen können, unter einer Zielzeit von 0:30:00 zu bleiben.
JPMCC – das große Warten
Inmitten dieser Menschenmassen befand ich mich dieses Jahr zum mittlerweile dritten Mal im Trikot meines derzeitigen Arbeitgebers. Gemeinsam wartete das gesamte Team darauf, dass es irgendwann irgendwie voran gehen würde und wir zum eigentlichen Lauf starten können. Denn vor dem eigentlichen Lauf des JPMCC findet der – je nach Standort – anstrengendere Teil des Events statt: das große Warten auf den Start.
Man muss sich das so vorstellen, dass man mitten in Frankfurt auf breiten Straßen im dichtesten Berufsverkehrsstau steht, den man sich überhaupt denken kann – nur eben ohne Fahrzeug um sich herum. Für Leute mit Platzangst ist das Anstellen zu einem frühen Zeitpunkt alles andere als zu empfehlen, denn Körpernähe zu wildfremden Menschen und fehlenden Bewegungsspielraum darf man in den vorderen zwei Dritteln des Teilnehmerfeldes des JPMCC nicht scheuen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man am Start Nord oder am Start Süd ansteht. Einziger Unterschied der zwei Startlinien: am Start Nord starten die ganz schnellen Läufer vor dem eigentlichen Hauptfeld. Da man davon aber ausser den Lautsprecherdurchsagen nichts mitbekommt, ist es letztlich egal, wo man sich anstellt.
Wer also Körperkontakte weitestgehend vermeiden möchte und/oder sich einfach spät an den Start begibt, der reiht sich wie wir am besten ganz einfach im hinteren Drittel des Starterfeldes ein und hat somit zwar rund 60.000 bis 65.000 Läufer vor sich, dafür aber gefühlt ein Händehandtuch mehr Platz um sich herum.
JPMCC – Start?
Die Uhr zeigte 19:30 Uhr – über die Lautsprecher drang die Meldung, dass der Start des JPMCC erfolgt sei. Erste Blicke in Richtung Startlinie zeigen aber nicht mal den Ansatz einer Bewegung in den Menschenmassen. Wie man konnte da was sehen? Ja, dieses Jahr hatte man mittels Absperrgittern auf den Straßen Gassen für Rettungsfahrzeuge abgetrennt, so dass man am Zaun stehend ganz gut die Straßen entlangschauen konnte. Jeweils rund 35.000 Menschen pro Startbereich beim JPMCC in Bewegung zu versetzen dauert seine Zeit. Ähnlich wie bei einem Stau auf der Autobahn beginnt es, sich vorne zu entwirren und erst nach und nach kommt die gesamte Schlange in Bewegung. Stau- und Verhaltensforscher hätten an den Massen hier wunderbare Studien zum Herdentrieb machen können und dabei bestimmt ihren Spaß gehabt. Nach bestimmt 25-30 Minuten begannen schließlich auch wir am hinteren Ende des Staus, uns langsam wieder vorwärts zu bewegen. Dennoch sollten noch weitere 20 Minuten verstreichen, bis wir tatsächlich an der Startlinie ankamen und wir uns endlich laufend vorwärts bewegen durften.
JPMCC – Auf ins Getümmel
Wenn sich zu einem bestimmten Zeitpunkt knapp 72.000 Menschen durch Frankfurts Innenstadt bewegen, dann hat man normalerweise ausreichend Platz. Wenn diesselben 72.000 aber beim JPMCC gleichzeitig auf derselben Straße unterwegs sind, dann wird es eng und Platz zur Mangelware, selbst wenn sich alle in diesselbe Richtung bewegen.
Wenn man dann noch mit halbwegs sportlichen Ambitionen losläuft, dann stellt man sich unweigerlich nach ein paar hundert Metern die Frage, ob man nicht besser doch von ganz vorne gestartet wäre. Bitte nicht falsch verstehen: ich zähle diesen Lauf zwar zum Leistungstest hinzu, aber mir ging es nicht darum, hier eine Bestzeit zu laufen. Dass das hier der absolute Quatsch gewesen wäre, war mir auch klar. Ich hatte mir lediglich vorgenommen, unter 30 Minuten zu bleiben, das sollte auch bei der Masse an Läufern machbar sein. Einerseits wollte ich dem ganzen natürlich einen halbwegs sportlichen Charakter abgewinnen und andererseits wollte ich meine Zeit gegenüber der Endzeit beim JPMCC des Vorjahres nochmal leicht verbessern, da ich mich seinerzeit schon ein wenig darüber geärgert hatte, in „nur“ 0:30:49 ins Ziel gelaufen zu sein.
So begann ich meinen Lauf durch Frankfurt von Anfang an damit, möglichst „verkehrsarme“ Bereiche zu finden, um nach Möglichkeit mein eigenes Tempo zu laufen. Das sind übrigens so Besonderheiten des JPMCC: aufgrund der Menge an unterschiedlich laufenden Leuten ist man permanent am schauen und überlegen, wo man eventuell wie vorbeihuschen kann, wer einem in den Weg zu laufen droht, welche Lücke sich wann wieder schließt, ob man doch einen Bordstein hoch oder runter springen muss, ob kurz vor einem sich wieder eine Gruppe von Leuten gebildet hat, die auf halber Straßenbreite nebeneinander laufen, etc … Somit ist mangezwungen, permanent wachsam zu sein und außerdem muss man ständig beschleunigen, abbremsen und immer wieder hin und her springen. Mit einem normalen Straßenrennen kann man das nicht vergleichen. Insgesamt kam ich jedoch ganz gut voran und das, obwohl wir von ziemlich weit hinten gestartet waren.
JPMCC – endlich im Ziel
Aber das würde erfahrungsgemäß erst auf der Senckenberganlage kurz vor dem Ziel zum Problem werden, wenn die breite Masse (so wie in den letzten Jahren immer erlebt) bereits hunderte Meter vor dem Ziel ins Stocken kommt. Denn da heisst es offensichtlich für viele wirklich „endlich im Ziel“ und deshalb hören sie dann teilweise schon auf zu laufen, sobald der erste Blick auf das Zielbanner zu erhaschen ist. Das ist zwar durchaus verständlich, führt aber dazu, dass das gesamte Feld ins Stocken gerät. Das ist somit auch wieder eine interessante Stelle für die Stauforscher.
Vermutlich würde auch eine separate Gasse für „Geher“ und eine für „Läufer“ an dieser Stelle nichts an der Situation ändern, einfach weil nach dem Ziel ausnahmslos alle gehen. Von daher heisst es auch hier, möglichst noch die Lücken zu nutzen – auch wenn die wesentlich rarer werden.
Ich bin im Grunde ein ziemlich rücksichtsvoller Läufer und mag es selbst nicht, wenn man durch andere andere angerempelt und gestoßen wird und manche meinen, sie müssten sich rücksichtslos ihren Weg bahnen. Beim JPMCC bin ich am Ziel oftmals aber kurz davor, diese Einstellung doch über den Haufen zu werfen. Glücklicherweise brauchte ich das aber nicht, denn die Arbeit wurde mir dieses Jahr durch einen anderen Läufer abgenommen, der ziemlich forsch an mir vorbeipreschte und hinter den ich mich kurzerhand hängte, das Prinzip des Windschattens ausnutzend. Was hinter einem anderen Läufer oder Radfahrer funktioniert, klappte ganz wunderbar auch in der Menschenmenge. Direkt hinter dem schnellen Läufer war der Weg frei, ohne jemanden zu belästigen oder zu behindern. So schaffte ich es, auf den letzten Metern doch wesentlich schneller ins Ziel zu kommen als zu vor befürchtet und führte dazu, dass die Uhr für mich bei einer Endzeit von 0:29:01 stehen blieb. Und nur, falls sich das jemand fragt: Nein, ich ärgere mich nicht über die fehlenden zwei Sekunden zu einer 28er Zeit.
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